„Wir waren absolut konkurrenzfähig“
Trainer Thomas Cordes spricht im Interview über die Saison des TV Oyten
Herr Cordes, die Saison in der
Handball-Regionalliga der Frauen ist für den TV Oyten seit ein paar
Wochen beendet. Wie fällt Ihr Fazit als Trainer mit ein wenig Abstand
aus?
Thomas Cordes: Ich bin insgesamt und
grundsätzlich mit unserer Saison zufrieden. Man hat gut erkennen können,
dass sich die Ausgeglichenheit, die wir vor der Saison vermutet haben,
sich letzten Endes bewahrheitet hat. Ich bin aber auch der Meinung, dass
wir mit Platz acht vielleicht nicht ganz das Optimum erreicht haben.
Ich denke schon, dass wir eine Handvoll mehr Punkte hätten holen können
und wären damit am Ende einen oder zwei Tabellenplätze besser gewesen.
Sie sprechen es an: Es waren ein paar Spiele dabei, die hätten anders ausgehen können.
Genau. Wir haben zwei Spiele mit einem Tor
verloren und dreimal unentschieden gespielt. Natürlich hätten wir da
auch verlieren können. Aber wenn wir jetzt mal positiv denken, dass man
diese Spiele hätte für sich drehen können, dann hast du schon diese
Handvoll Punkte. Wir hatten zudem kaum hohe Niederlagen, bei denen wir
wirklich keine Chance hatten. Da erinnere ich mich im Grunde genommen
nur an die Spiele in Vechta und in Altencelle. Da waren wir auswärts
jeweils chancenlos. Interessanterweise verlieren wir aber zu Hause gegen
Vechta nur mit einem Tor und gewinnen gegen Altencelle. Daher kann man
sagen, dass wir absolut konkurrenzfähig sind in dieser Liga. Wie sich
das jetzt in der nächsten Saison darstellt, bleibt abzuwarten. Ich
glaube, es wird einige Mannschaften geben, die ein anderes Gesicht
zeigen, auch bei den Teams, die vor uns standen.
Eventuell steigen mit Vechta und dem
Hannoverschen SC zwei Teams in die 3. Liga auf. Hinzu kommen dann die
Aufsteiger aus der Oberliga. Könnte es in der Regionalliga in der neuen
Saison leichter werden?
Das ist die große Frage, ob das wirklich so
ist. Man muss abwarten, wie stark die Aufsteiger sind. Die kommen nicht
in die Liga und sagen: Jetzt machen wir hier mal ein bisschen mit. Wer
das Aufstiegsrecht wahrnimmt, will sich in der Regionalliga beweisen.
Ich glaube, wir tun gut daran, erst einmal zu schauen, wie schnell wir
in unserer Entwicklung sind. Schließlich werden wir mit einem doch
leicht veränderten Gesicht der Mannschaft in die neue Saison starten.
Veränderungen wird es bei Ihrem Team
geben: Fünf Abgängen stehen zwei Zugänge gegenüber. Wird sich noch mehr
tun? Denn auf den ersten Blick wirkt der Kader recht klein.
Das mit den Zugängen ist sicherlich ein
bisschen hinkend. Mit Lisa Rajes und Jana Lüdersen haben wir nur zwei
externe Zugänge. Für die Rückraummitte haben wir uns aber auch dazu
entschieden, Svea Helmke aus der A-Jugend ins Team zu holen. Sie wird
also als weiteres neues Gesicht dabei sein. Dann sind da auch noch Celin
Bielefeldt und Maja Hidde. Celin hat noch ein A-Jugendjahr. Maja ist
dagegen jetzt eine vollwertige Damenspielerin. In Summe werden wir
wieder einen ausgeglichenen Kader haben. Aber wir reduzieren ganz
bewusst ein bisschen. Es ist wichtig, dass die Mädels nicht Woche für
Woche nur auf der Bank sitzen. Das entwickelt niemanden. Sie müssen auch
spielen. Viele Spielerinnen haben bei uns eine gute Entwicklung
genommen. Als Beispiele haben Jasmin Johannesmann, Lena Prütt, Maja
Hidde oder Sarah Kennerth einen Sprung gemacht. Der Kader soll
ausgeglichen, aber nicht mit Übergröße in die Saison starten. Wir haben
mit den Nachwuchsspielerinnen eine gute Trainingsgruppe, in der jede
Spielerin die Chance hat, sich zu zeigen. Und wenn wir dann wirklich mal
wieder verletzungsbedingte Ausfälle haben, können da Spielerinnen
nachrutschen. Wir wollen die Förderung der eigenen Talente weiter
vorantreiben.
Maja Hidde gehört zu den Spielerinnen, die sich laut Thomas Cordes in Laufe dr Saison gut entwickelt haben
Ist die Rückkehr in die 3. Liga mittelfristig ein Thema?
Ich habe ja schon einmal gesagt, dass die 3.
Liga nach der Strukturreform aus meiner Sicht schon fast so ein Produkt
ist, wie die frühere zweigeteilte 2. Bundesliga. Bei drei Staffeln
schreitet die Professionalität weiter voran.
Es waren einmal vier…
Genau. Als wir vor einem Jahr abgestiegen
sind, gab es ja die Reform, dass auf drei Staffeln reduziert wurde. Die
Entwicklung, die wir seitdem machen, ist genau die richtige. Wir müssen
uns stabilisieren und ein breites Fundament entwickeln – mit einer guten
Jugendarbeit. Wenn man dann sagt, man will noch mal 3. Liga spielen,
muss auch das Umfeld gut aufgestellt sein. Ich glaube, da sind wir
überall auf einem richtigen Weg. Inwieweit die 3. Liga dann ernsthaft
wieder Thema sein kann, das muss die Zeit zeigen. Unsere sportliche
Situation, die wir bei uns gerade vorfinden, geht dahin, dass wir eine
DNA entwickeln, viel mit jungen Spielerinnen zu arbeiten. Wir haben
zuletzt festgestellt, dass die 3. Liga noch nicht unsere Kragenweite
ist. Für einen Angriff auf diese Liga müsste man dem Team und dem Verein
sicher weiterhin zwei, drei Jahre Zeit geben. Für die 3. Liga gehört
eben ein ganz großer weiterer Entwicklungsschritt aller Beteiligten
dazu.
Kommen wir zurück zur aktuellen Saison. Was waren für Sie die Höhepunkte?
Ein Höhepunkt war der Heimsieg gegen
Altencelle. Das war auch der Moment, als wir das Abstiegsgespenst
vertrieben haben. Im Gegenpart war da aber auch die Niederlage in
Diepholz (der TVO verlor mit 27:30 bei den HSG Hunte-Aue Löwen, Anm. d.
Red.), die am meisten wehtat. Dieses Spiel hatte uns überhaupt erst in
die Lage gebracht, uns mit dem unteren Teil der Tabelle zu beschäftigen.
Ansonsten kann ich nur wieder sagen: Mir hat es mit der Mannschaft auch
dieses Jahr wahnsinnig viel Spaß gemacht – mit allen Höhen und Tiefen
auf und neben dem Spielfeld.
Sie sprechen das Thema Abstiegskampf an.
Wie sind die Spielerinnen damit umgegangen? Sie sind aus der 3. Liga
abgestiegen und stecken dann wieder unten mit drin. Das macht doch
gedanklich etwas mit einem.
Ganz bestimmt. Die erwähnte Niederlage in
Diepholz war so ein bisschen der Tiefpunkt. Andererseits war für mich
auch klar, dass wir nie ganz unten reinrutschen. Ich war mir immer
sicher, dass wir das schon rumreißen. Dass es aber auch große
Schwankungen gab, ist auch eine Aufgabe für die nächste Saison. Wir
wollen eine größere Stabilität haben. Wir müssen vor allen Dingen im
Angriff noch mal klar zulegen. Wir sind mit 650 Toren unter den besten
fünf Teams aus Sicht des Angriffs, haben dafür aber gefühlt doppelt so
viele Chancen benötigt. Die Effektivität im Angriff müssen wir deutlich
verbessern. Wir haben sicherlich auch relativ viele Gegentore bekommen,
stehen im Sechs-gegen-sechs aber gut. Wir haben uns halt immer wieder
ein Bein gestellt, weil wir im Angriff leichtfertig die Bälle weggegeben
und über die erste und zweite Welle einfache Gegentore kassiert haben.
Das wird ein Thema in der Vorbereitung sein. Wir müssen stabiler werden
und weniger Fehler machen.
In Sachen mehr Stabilität soll
sicherlich Rückkehrerin Lisa Rajes mit ihrer langjährigen
Bundesligaerfahrung eine zentrale Rolle spielen?
Meine Idee ist vor allem, dass die vielen
jungen Spielerinnen, die wir im Training haben, mit Lisa eine
Handballerin erleben, die jahrelang maximal professionell gearbeitet
hat. Eine Spielerin, die weiß, was sie tut, und an der sich andere ein
Vorbild nehmen. Sie sollen Fragen an Lisa loswerden können. Lisa soll
eine Führungsrolle einnehmen. Aber gar nicht mal als Lautsprecher,
sondern einfach aufgrund der sportlichen Persönlichkeit. Genau das ist
das, was ich erwarte. Dass Lisa in jedem Spiel zehn Tore wirft, ist
überhaupt nicht mein Thema. Wir bekommen eine frühere und sehr erfahrene
Bundesligaspielerin. Sie soll den jungen Mädels, die noch ein bisschen
Orientierungshilfe brauchen und Entwicklungspotenzial haben, jetzt Dinge
an die Hand geben, die der Trainer-Staff vielleicht nicht geben kann.
Erfahrung hat auch Rückraumspielerin
Sarah Seidel. Sie hat sich in dieser Saison wieder schwer am Knie
verletzt. Wie schaut es bei ihr aus, wird sie wieder für den TV Oyten
auflaufen?
Dieser Punkt fehlt noch zur Saisonanalyse:
Sarahs Verletzung hat uns mit Sicherheit Punkte gekostet. Eine Sarah
Seidel in Topform mit ihrer Qualität hätte jede Mannschaft in dieser
Liga gerne. Wir wären von diesem Ausfall sehr gerne verschont geblieben.
Er hat uns in der ersten Phase der Saison überhaupt nicht gutgetan. Es
hat einige Zeit gebraucht, bis wir den Verlust kompensieren konnten. Da
war gefühlt die halbe Saison auch schon rum. Ich glaube schon, dass uns
Sarahs Ausfall ein, zwei Plätze in der Tabelle gekostet hat.
Grundsätzlich bleibt Sarah dabei. Sie kriegt alle Zeit der Welt, bis sie
vollständig gesundet. Dann werden wir weiterschauen, ob sie sich gut
fühlt für ein Comeback. Sie hat bei uns auf jeden Fall immer einen Platz
im Team.
Was passiert in den kommenden Wochen beim TV Oyten? Wahrscheinlich steht nun eine Pause an.
Wir atmen momentan etwas durch. Mitte Juni
fangen wir mit der Vorbereitung an. So wollen wir die Urlaubszeit
kompensieren. Wir starten rechtzeitig, damit alle Spielerinnen auf ihre
Einheiten kommen. Im ersten Teil ab Juni wird der Schwerpunkt auf den
Ausdauerbereich gelegt. Da wir erst Mitte Juli in die Halle können und
am ersten Septemberwochenende schon der erste Spieltag ist, ist es
wichtig, dass wir rechtzeitig starten und gut vorbereitet sind für die
neuen Aufgaben der Saison.
Das Interview führte Florian Cordes.
ZUR PERSON
Thomas Cordes (40)
ist Cheftrainer der Handballerinnen des TV
Oyten. Er übernahm das Team zur Saison 2023/2024 in der 3. Liga. Dort
verpasste das Team den Klassenerhalt. Nach dem Abstieg spielten die
„Vampires“ in der Regionalliga eine ordentliche Saison und belegten in
der Abschlusstabelle Rang acht. In wenigen Wochen startet der TVO in die
Vorbereitung auf die neue Saison, die für Cordes die dritte auf der
Bank der Oytenerinnen sein wird.
Quelle: Achimer Kurier – Autor: Florian Cordes